Verträge? Hand drauf ist bei uns halt üblich!
#Freischaffend #Selbstständig #Teilzeit

Hand drauf ist halt so üblich?

Wir empfehlen dir immer einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen. Hier erfährst du: 

  • Wie ein gültiger Vertrag zustande kommt 
  • Was bei Absagen von Auftritten passiert   
  • Was passiert, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert 

*inkl. persönlicher Checkliste mit Angaben, was im Vertrag geregelt sein muss

Hinweis:

Für eine persönliche Beratung wendest du dich am besten an unsere Ambassadors oder Vertreter*innen von Berufsverbänden. Musterverträge findest du bei deinem entsprechenden Berufsverband.

1. Wie kommt es zu einem Vertrag?

Durch eine gegenseitige, übereinstimmende Willensäusserung von zwei oder mehr Parteien: 

Jemand ist an einer Zusammenarbeit mit dir interessiert und macht dir ein verbindliches Angebot → Du entscheidest dich, das Angebot anzunehmen → Über die wesentlichen Vertragspunkte (Leistung, Gegenleistung etc.) braucht es eine Einigung. 

Übereinstimmende, gegenseitige Willensäusserung über die wesentlichen Vertragspunkte:

Die Willensäusserung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen.  

  • Ausdrücklich heisst, du gibst deine Zustimmung z.B. schriftlich, per E-Mail oder mündlich.  
  • Stillschweigend heisst, dass man aus deinem Verhalten (z.B. durch Nicken oder Aufnehmen der Arbeit) auf deine Einwilligung schliessen darf.  

Über wesentliche Vertragspunkte wie Leistung und Preis braucht es eine Einigung, ansonsten kommt kein Vertrag zustande. Je klarer und verbindlicher das Angebot, desto besser. Jetzt hast du noch die Möglichkeit, zu verhandeln und ein für dich passendes Angebot herauszuholen.  

2. Wer kann einen Vertrag abschliessen?

Vertragsfähigkeit beider Parteien

Natürliche sowie juristische Personen, die handlungsfähig sind, können Verträge abschliessen.  

Was bedeutet das genau?  

«Natürliche Personen» sind Menschen, «juristische Personen» sind Personenvereinigungen, welche vom Gesetz anerkannt sind.  

  • Als handlungsfähige, natürliche Person gilt, wer volljährig – also das 18. Lebensjahr vollendet hat – und urteilsfähig ist.  
    • Urteilsfähig gemäss Gesetz ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln (ZGB Art. 12 bis 16).  
  • Juristische Personen sind Vereine, Stiftungen sowie Unternehmen (z.B. GmbH, AG oder Genossenschaften). 

Hinweis: Einfache Gesellschaften sind keine juristischen Personen, weshalb sich die Mitglieder der einfachen Gesellschaft immer persönlich binden (z.B. Organisationskomitees von Veranstaltungen, Musikgruppen usw.). 

→ Bsp: Kann dein OK die Gage des gebuchten Acts nicht bezahlen, haftet jedes Mitglied direkt.  

3. Muss ich immer alles aufschreiben?

Im Grundsatz sind Verträge formfrei, weshalb auch eine mündliche Abmachung ein Vertrag ist.  

Wir empfehlen dir jedoch, immer einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen und dich so für alle Fälle abzusichern. 

4. Was steht in einem Vertrag?

Der Inhalt des Vertrages kann – innerhalb der Schranken des Gesetzes – beliebig vereinbart werden. Manche Vertragsarten wie Arbeits-, Miet- oder Kaufvertrag sind bereits gesetzlich geregelt. 

Hinweis: Wenn der Vertrag gemäss Gesetz schriftlich sein muss, sind zwingend die Unterschrift aller beteiligten Parteien notwendig. Das gilt auch für nachträgliche Vertragsänderungen (OR Art. 12 – 13). Mit Unterschrift ist die eigenhändige Unterschrift auf Papier oder eine qualifizierte, digitale Signatur gemeint. 

Die meisten Verträge sind jedoch eine Mischung aus verschiedenen Vertragsarten. 

Ausnahmen von inhaltlichen Freiheiten bilden zum Beispiel zwingendes Recht (z.B. Arbeitsrecht oder Mietrecht), unmöglicher (z.B. Hausverkauf auf dem Mars) oder widerrechtlicher Inhalt (z.B. Verkauf von Heroin), Verstoss gegen gute Sitten oder die Verletzung des Persönlichkeitsrechts (Arbeitsvertrag erst nach 10 Jahren kündbar, OR 19 f). Diese Verträge gelten ganz oder teilweise als ungültig. 

5. Wesentlicher Irrtum (Willensmangel)

Ein wesentlicher – also grundlegender Irrtum entsteht beispielsweise, wenn ein anderer Vertrag gewünscht war (Miet- statt Kaufvertrag), bei einer Verwechslung in einer Sache oder Person (antike Vase statt moderner Vase), ein Irrtum über den Umfang der Leistung und Gegenleistung besteht (Preis für Maserati Gran Turismo CHF 12’700) oder ein Grundlagenirrtum vorliegt (gekauftes Auto stellt sich als gestohlen heraus). Dadurch ist der Vertrag für die Person unverbindlich. 

Hinweis: Es ist oft schwierig, einen wesentlichen Willensmangel zu beweisen und man hat das Recht, auch schlechte Verträge abzuschliessen. 

6. Auslegung

Manchmal ist nach einer gewissen Zeit nicht mehr klar, wie ein Vertrag zu verstehen ist. Grundsätzlich zählt, was die Parteien übereinstimmend gemeint oder gewollt hatten und nicht ihre unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise. Ein Arbeitsvertrag bleibt ein Arbeitsvertrag, auch wenn die Beteiligten ihn als «Auftrag» bezeichnet haben.  Können sich die Beteiligten nicht auf ein gemeinsames Verständnis einigen oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie völlig unterschiedliche Dinge verstanden haben, müsste ein Gericht über die Auslegung des Vertrags entscheiden oder klären, ob ein wesentlicher Irrtum vorliegt.

7. Beendigung

Die Beendigung des Vertrags trifft ein durch Erfüllung, durch Zeitablauf (befristete Verträge), Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag. 

Was passiert bei Absage von Auftritten?

Ein Vertrag über einen Auftritt kann je nach dem als Arbeitsvertrag, als Werkvertrag, als Auftrag oder als Mischform abgeschlossen worden sein. Je nach Vertragsart gelten unterschiedliche Regeln. 

  • Arbeitsverträge: Kann die/der Arbeitnehmer*in aufgrund Verschuldens der/s Arbeitgeber*in nicht arbeiten, muss der Lohn trotzdem bezahlt werden (Ausnahme: Arbeitnehmer*in findet ein bezahltes Ersatzengagement) 

Kann die / der Arbeitnehmer*in hingegen Krankheit oder Unfall nicht arbeiten, hat sie / er Anspruch auf den Lohn, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses oder Absicherung durch Krankentaggeldversicherung). Sagt der / die Arbeitnehmer*in hingegen aus anderen Gründen den Auftritt ab, kann er / sie schadenersatzpflichtig werden. 

  • Werkverträge: Bei Werkverträgen darf ein/e Veranstalter*in den Auftritt jederzeit absagen, muss die Gage jedoch in jedem Fall bezahlen.  

Kann die / der Künstler*in wegen Krankheit oder Unfall nicht auftreten, hat sie / er keinen Anspruch auf Entschädigung. Sagt der / die Künstler*in hingegen aus anderen Gründen den Auftritt ab, kann er / sie schadenersatzpflichtig werden. 

  • Auftrag: Bei Aufträgen muss der/die Veranstalter*in die Gage nur bezahlen, wenn die Absage «zur Unzeit», also sehr kurzfristig, kommt.  

Auch der / die Künstler*in kann theoretisch jederzeit absagen, riskiert jedoch eine Schadenersatzpflicht, falls die Absage «zur Unzeit» kommt. 

Hinweis: Ausnahmen gibt es im Beispiel von höherer Gewalt, wenn ein ausserordentliches, unvorhersehbares und unüberwindbares äusseres Ereignis den Auftritt verhindert (Pandemie, …).    

TIPP: Um mühsame Diskussionen zu vermeiden, empfehlen wir, die finanziellen Folgen einer Absage in jeder Vertragsart ausdrücklich zu regeln. 
Was passiert, wenn man nicht zusammenarbeiten kann?

Grundsätzlich sind Verträge einzuhalten. Sind sich alle Parteien einig, dass sie nicht zusammenarbeiten wollen, können sie eine Aufhebungsvereinbarung abschliessen (vgl. „Beendigung“).

Funktioniert die Zusammenarbeit nicht, weil das Vertrauensverhältnis massiv gestört und die weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist, kann man ausserordentlich kündigen.  

Hinweis: Bei künstlerischen Differenzen gilt eine weitere Zusammenarbeit als zumutbar. Haben die Beteiligten in ihrer Vereinbarung zur Zusammenarbeit diesen Fall nicht geregelt und können sie sich nicht über eine Aufhebungsvereinbarung einigen, hängt es sehr vom Einzelfall ab, ob bei einer einseitigen Beendigung der Zusammenarbeit finanzielle Folgen entstehen (vgl. Kachel II).  

Deine CHECKLISTE:

    1. Wer: (Name Veranstalter*in und Name der Künstler*in, idealerweise mit Adressen)
    2. Wann: z.B. Datum, an dem das Arbeitsverhältnis beginnt à Empfehlung: Anzahl Probentage und Aufführungen definieren
    3. Wo: z.B. an einem festen Ort oder an verschiedenen Orten 
    4. Funktion Auftragnehmende
    5. Höhe Honorar/Lohn (inkl. Informationen zu Sozialabgaben, Unfall, Krankheit etc.) und allfällige Lohnzuschläge (Spesenentschädigung etc.)
    6. Wöchentliche Arbeitszeit
    7. Bei befristeten Arbeitsverträgen: Datum, an dem das Arbeitsverhältnis endet 
    8. Bei unbefristeten Verträgen: Kündigungsfrist 
    9. Konkurrenzverbot: ja/nein? 
    10. Regelung Überzeit und Ferien