Arbeitsvertrag? Werkvertrag? Engagementvertrag?
Fragst du dich auch ständig: was sind die Unterschiede und welcher Vertrag passt zu mir?
Arbeitsvertrag
Ein Arbeitsvertrag (gesetzlich geregelt in Art. 319 bis 343 OR) liegt vor, wenn die/der Arbeitnehmer*in eine Arbeitsleistung für eine definierte Dauer (befristet oder unbefristet) gegen Lohn erbringt und in einem Abhängigkeitsverhältnis zum/r Arbeitgeber*in steht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Person in die Arbeitsorganisation des/der Arbeitgeber*in eingegliedert ist und der Weisungsbefugnis des/der Arbeitgeber*in untersteht: die Arbeitgeberin also entscheidet, wann, wo und wie man seine Leistung erbringen soll.
Beispiel: Typische Arbeitsverträge sind die Anstellung in einem Orchester oder Ensemble, an einer Bildungsinstitution etc.
Werkvertrag
Beim Werkvertrag (gesetzlich geregelt in Art. 363 bis 379 OR) verpflichtet sich die/der Unternehmer*in zu einem Erfolg, anstelle der Zurverfügungstellung von blosser Arbeitsleistung. «Erfolg» meint die Lieferung eines konkreten Ergebnisses, z.B. einer Komposition, einer Choreografie, eines Textes für die Künstler*innenbiografie oder eines Auftritts. Der/die Unternehmer*in gliedert sich nicht in die Arbeitsorganisation des/der Auftraggeber*in ein. Sozialversicherungstechnisch und steuerrechtlich gelten für die/den Unternehmer*in die Vorgaben für selbstständig Erwerbstätige.
Auftrag
Beim einfachen Auftrag (gesetzlich geregelt in Art. 394 bis 406 OR) verpflichtet sich der/die Auftragnehmer*in zu einem Tätigwerden. Anders als beim Arbeitsvertrag ordnet sich er/sie sich jedoch nicht in die Arbeitsorganisation des/der Auftraggeber*in ein. Sozialversicherungstechnisch und steuerrechtlich gelten für die/den Auftragnehmer*in die Vorgaben für selbstständig Erwerbstätige.
Unterschiede auf einen Blick
Arbeitsvertrag
Arbeitsvertrag Art. 319 ff. OR |
Werkvertrag Art. 363 ff. OR |
Auftrag Art. 394 ff. OR |
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Entschädigung | Lohn gemäss Art. 322 ff. OR | Vergütung gemäss Art. 372 ff. OR | Honorar, dieses muss immer vereinbart werden, da grundsätzlich die Vermutung der Unentgeltlichkeit gilt: Ein Auftrag ohne vereinbartes Honorar wird als Ehrenamt verstanden. Deshalb muss zwingend ein konkretes Honorar im Auftrag vermerkt sein. |
Ferien / Feiertage | Anspruch auf bezahlte Ferien gemäss Art. 329a ff. OR | Kein Anspruch auf bezahlte Ferien oder Feiertage | Kein Anspruch auf bezahlte Ferien oder Feiertage |
Lohnfortzahlung bei Krankheit, Unfall, Militär, Schwangerschaft, Mutter- und Vaterschaft | Gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht aus Art. 324a und 324b OR | Keinen Anspruch auf Vergütung, Unternehmer*innen müssen sich auf eigene Kosten versichern | Keinen Anspruch auf Vergütung, Beauftragte müssen sich auf eigene Kosten versichern |
Absenzen wie Arztbesuch, Umzug, Krankheit von engen Angehörigen | Die/der Arbeitgeber*in muss Zeit gewähren nach Art. 329 Abs. 3 OR; Lohn nur je nach Vertrag | Kein Anspruch auf Vergütung von Absenzen | Kein Anspruch auf Vergütung von Absenzen |
Spesen | Auslagen sind von Arbeitgeber*in separat zu bezahlen, pauschale Spesenansätze sind möglich | Auslagenersatz sollte separat vereinbart werden, ansonsten wird davon ausgegangen, dass die Spesen in der Vergütung erhalten sind | Auslagenersatz sollte separat vereinbart werden, ansonsten wird davon ausgegangen, dass die Spesen im Honorar erhalten sind |
Kündigungsfrist | Nach Ablauf der Probezeit im ersten Anstellungsjahr mind. 1 Monat, ab dem 2. bis 9. Anstellungsjahr mind. 2 Monate, danach mind. 3 Monate (Art. 335a ff. OR) | Jederzeitiger Rücktritt der Auftraggeber*in bei unverhältnismässiger Überschreitung des Kostenansatzes (Art. 375 OR) und jederzeitiger Rücktritt der Auftraggeber*in gegen Schadloshaltung* (Art. 377 OR) | Auftrag kann jederzeit widerrufen oder gekündigt werden (Art. 404 OR). Bei Widerruf oder Kündigung “zu Unzeit” muss Schadenersatz bezahlt werden |
Kündigungsschutz | Zeitlicher Kündigungsschutz nach Art. 336c OR bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit. Sachlicher Kündigungsschutz nach Art. 336 OR bei missbräuchlicher Kündigung | Kein Kündigungsschutz, vgl. jedoch «Kündigungsfrist». Zudem Schadenersatzanspruch bei durch die/den Besteller*in verschuldeter Unmöglichkeit der Erfüllung (Art. 378 Abs. 2 OR) | Kein Kündigungsschutz jedoch Schadenersatzanspruch bei Kündigung zu Unzeit nach Art. 404 Abs. 2 OR |
Todesfall | Nach dem Tod des/der Arbeitnehmer*in, ist die/der Arbeitgeber*in verpflichtet, den Hinterbliebenen mind. ein Monatsgehalt zu bezahlen. Nach 5 Jahren Anstellungsverhältnis mind. 2 Monatsgehälter (Art. 338 Abs. 2 OR) | Nach dem Tod des Unternehmers ist die/der Auftraggeber*in verpflichtet die bereits ausgeführten Teile des Werkes soweit diese brauchbar sind, anzunehmen und zu bezahlen (Art. 379 Abs. 2 OR) | Kein Anspruch auf Honorarzahlungen über den Todestag hinaus |
Arbeitgeberin muss die Arbeitnehmenden zwingend bei der Ausgleichskasse anmelden und Beiträge bezahlen | Selbständigerwerbende müssen sich selber anmelden und 9,65% (AHV: 7,8% / IV: 1,4% / EO: 0,45%) ihres Einkommens entrichten. Bei jährlichen Einkommen unter CHF 56’900 gilt eine abnehmende Beitragsskala | Selbständigerwerbende müssen sich selber anmelden 9,65% (AHV: 7,8% / IV: 1,4% / EO: 0,45%) ihres Einkommens entrichten. Bei jährlichen Einkommen unter CHF 56’900 gilt eine abnehmende Beitragsskala | |
2 Säule: BVG | Arbeitgeberin muss Arbeitnehmende ab dem 24. Altersjahr bei einer Pensionskasse anmelden und Beiträge einzahlen | Nach Art. 3 BVG sind Selbständigerwerbende grundsätzlich nicht der BVG angeschlossen. Nach Art. 4 BVG können sie sich aber freiwillig einer Vorsorgeeinrichtung anschliessen | Nach Art. 3 BVG sind selbständig Erwerbende grundsätzlich nicht der BVG angeschlossen. Nach Art. 4 BVG können sie sich aber freiwillig einer Vorsorgeeinrichtung anschliessen |
3 Säule: Private Vorsorge | Freiwillig für alle Arbeitnehmenden | Freiwillig. Hinweis: Falls nicht freiwillig an BVG angeschlossen umso wichtiger | Freiwillig. Hinweis: Falls nicht freiwillig an BVG angeschlossen umso wichtiger |
Arbeitslosenversicherung | Arbeitnehmende sind durch die/den Arbeit-geber*in bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet. Der Beitrag wird je zur Hälfte von Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in gezahlt | Selbständigerwerbende können sich nicht gegen die Arbeitslosigkeit versichern | Selbständigerwerbende können sich nicht gegen die Arbeitslosigkeit versichern |
Berufsunfallversicherung (BUV) und Nichtberufsunfall-versicherung (NBUV) | Arbeitnehmende müssen zwingend von dem/der Arbeitgeber*in bei der BUV versichert werden. Arbeiten die Arbeitnehmer*innen mehr als 8 Stunden pro Woche beim selben Arbeitgeber*in, muss zusätzlich eine NBUV abgeschlossen werden | Selbstständigerwerbende können für sich – je nach Branche – ebenfalls eine BUV bei der SUVA abschliessen. Die NBUV läuft dabei über die obligatorische Krankenkasse | Selbstständigerwerbende können für sich – je nach Branche – ebenfalls eine BUV bei der SUVA abschliessen. Die NBUV läuft dabei über die obligatorische Krankenkasse |
Arbeitgeber*innen können das Risiko einer Erwerbsunfähigkeit oder eines Lohnausfalls bei einer Krankenkasse oder Versicherung abdecken. Die Prämien können zur Hälfte den Arbeitnehmenden belastet werden | Bei Selbstständigerwerbenden empfiehlt es sich ebenfalls das Risiko einer Erwerbsunfähigkeit oder eines Lohnausfalls freiwillig bei einer Krankenkasse oder Versicherung abzudecken | Bei Selbstständigerwerbenden empfiehlt es sich ebenfalls das Risiko einer Erwerbsunfähigkeit oder eines Lohnausfalls freiwillig bei einer Krankenkasse oder Versicherung abzudecken |
Hinweis
Diverse Normen im Arbeitsrecht (Obligationenrecht, Arbeitsgesetz etc.) sind zwingend. Es gibt Regeln, von denen bei einem Arbeitsvertrag weder zuungunsten der/des Arbeitgeber*in noch der/des Arbeitnehmer*in abgewichen werden darf (Auflistung dazu in Art. 361 OR).
Dann gibt es Regeln die nur zu Gunsten der/des Arbeitnehmer*in abgeändert werden dürfen (Auflistung dazu in Art. 362 OR).
Demgegenüber sind die Normen zum Werkvertrag und dem Auftrag nicht zwingend und können daher frei durch Übereinkunft angepasst werden.
Vertragstypen
Vertragstyp | Inhalt | Form | Basis | Besonderes |
Arbeitsvertrag* |
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frei (Schriftlichkeit empfohlen) | Art. 319 bis 343 OR / Arbeitsgesetz, zwingendes Recht |
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Werkvertrag* |
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frei (Schriftlichkeit empfohlen) | Art. 363 bis 379 OR |
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Auftrag* |
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frei (Schriftlichkeit empfohlen) | Art. 394 bis 406 OR |
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Lizenzvertrag |
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frei (Schriftlichkeit empfohlen) | Spezialgesetz Innominatvertrag |
Verhandlungstipps:
Ablauf:
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*Die Übergänge bei Arbeits-, Werkvertrag und Auftrag sind fliessend, Abgrenzung müssen von Fall zu Fall angeschaut werden.
Hinweis
Es gibt noch andere Verträge im Zusammenhang mit deiner künstlerischen Tätigkeit. Bitte wende dich dafür – und auch für Musterverträge – an den zuständigen Berufsverband.
Oder lass dich von unseren Ambassadors kostenlos beraten.